Politik
Helmut
Die CDU erwähnt Schwule und Lesben in ihrem Grundsatzprogramm nicht.
Vielleicht die größte Annäherung an das Thema findet man bei
der Betonung der besonderen Stellung von Ehe und Familien gegenüber allen
nichtehelichen Lebensgemeinschaften. Das schließt natürlich die
HomoEhe ein, es bezieht sich aber auch auf alle wilden Ehen unter Heteros.
Die CDU regiert aber in genügend Bundesländern, um daran die
schwulenpolitische Einstellung etwas genauer abzulesen. Wenn man sich die
Schwul-lesbische Politik der CDU ansieht, so kann man als roten Fanden
erkennen, daß die CDU der Meinung ist, daß es keinen Bedarf an
schwullesbischer Politik gibt. So hat die hessische CDU- Landesregierung dieses
Jahr auf eine Anfrage zur Lebenssituation von Lesben und Schwulen ausserhalb
der Ballungsräume knapp und bündig geantwortet "Die
Landesregierung teilt nicht die Auffassung, daß eine besondere
Beeinträchtigung der Lebenssituation von Lesben und Schwulen im
lädlichen Raum zu beobachten ist."
Auch die bayerische Landesregierung, bekannterweise CSU-geführt, sieht
in der Antwort zu einer parlamentarischen Anfrage aus dem Jahr 1999 keinerlei
Handlungsbedarf. "Für gezielte Initiativen zur Schaffung einer
rechtlichen und gesellschaftlichen Akzeptanz Homosexueller bestand und besteht
[...] kein Handlungsbedarf." Überhaupt beschäftigt sich die
bayerische Regierung wenig mit Schwulen und Lesben. "Die Staatsregierung
sieht keinen Bedarf für eine Studie zur Lebenssituation von Homosexuellen
in Bayern" sowie weiter "Es gibt keine Publikationen der
Staatsregierung, die sich speziell mit Homosexualität befassen."
Die Haltung der CDU/CSU zu den Modethemen der Schwulenpolitik, HomoEhe,
Antidiskriminierungsgesetz und Rehabilitierung der nach §175 verurteilten,
findet sich auch in der Antwort der bayerischen Landesregierung wieder: Die
eingetragene Lebenspartnerschaft wird eindeutig abgelehnt. Zum einen, weil die
Ehe so hoch gehalten wird, daß eine HomoEhe keine Platz findet. "Das
vom Grundgesetz vorgegebene Leitbild für das partnerschaftliche
Zusammenleben von Menschen in der Gesellschaft ist die Ehe als auf Dauer
angelegte Lebensgemeinschaft verschiedengeschlechtlicher Personen. Dem liegt
nicht nur ein traditionell-historisches und von religiösen Vorstellungen
geprägtes Vorverständnis zugrunde. Die Ehe ist auch als Keimzelle der
Familie in einem soziologischen Sinn besonders schutzwürdig, weil sie
einen stabilen Rahmen für nachfolgende Generationen
bereitstellt."
Die eingetragene Partnerschaft wird aber auch abgeleht, weil sie schlicht
und ergreifend als überflüssig angesehen wird. "Ein erheblicher
Teil der immer wieder genannten Probleme lässt sich durch privatrechtliche
Vereinbarungen oder einseitige Willenserklärungen der Partner
lösen." Und als abschließender Punkt wird die HomoEhe als
Spezialgesetz für Homosexuelle abgelehnt. "Es erscheint aber schwer
begründbar, weshalb sich die Forderung nach Einführung einer
eingetragenen Partnerschaft nur auf gleichgeschlechtliche Paare
beschränken sollte."
Ein Antidiskriminierungsgesetz wird ebenso abgelehnt, denn auch in den
Fällen, wo es Benachteiligungen gäbe, seien diese "zu meistens
nicht auf rechtliche Ursachen zurückzuführen".
Und zur Verfolgung Homosexueller im dritten Reich befindet die bayerische
Landesregierung: "Die Strafbarkeit der Unzucht zwischen Männern war
kein spezieller nationalsozialistischer Verfolgungstatbestand." Und
die allgemeinen Versorgungs- und Schadensersatzansprüche gemäß
des Allgemeinen Kriegsfolgengesetzes stünden ja auch Homosexuellen Opfern
offen. Also auch hier: kein Handlungsbedarf.
In der CDU gibt es mitlerweile auch eine Gruppe von Schwulen und Lesben, die
LSU. Die LSU existiert seit 1998. Von den offiziellen Parteigremien wurde die
Gruppe zunächst ignoriert. "Die ersten Versuche der Kontaktaufnahme
mit der CDU verliefen zunächst im Sande." Einige Jahre
später war mit Angela Merkel das erste mal ein CDU-Vorsitzender auf einer
LSU-Tagung. Die Zusammenarbeit war deswegen anscheinend noch lange nicht
unproblematisch. "Die Diskussion war [...] im Tonfall sehr
freundschaftlich in der Sache aber hart." Mitlerweile ist die LSU in
der CDU weitestgehend anerkannt, hat aber immer noch nicht den offiziellen
Status eines Arbeitskreises.
Die LSU fordert eine eingetragene Lebenspartnerschaft. Sie fordert ein
Adoptionsrecht auch für lesbische und schwule Paare. Das ist
natürlich ein direkter Gegensatz zur offiziellen Parteilinie. Diese will
man nach dem Grundsatz Steter Tropfen höhlt den Stein langsam aber sicher
im eigenen Sinn verändern. "Klare - und wo nötig auch scharfe -
Worte, aber immer Sociedad, daß man im Dialog bleiben kann."
Und weiter Zitat Natürlich platzt uns der Kragen bei Äußerungen
wie denen von Herrn Hohmann oder Herrn Geis. Und natürlich würde man
gerne manchmal das tun, was eben die taktischen Überlegungen
verbieten.Zitat Ende
Im Interview mit der GAB redet der Bundesgeschäftsführer der LSU,
Ralf Ohler, über die Arbeit als Schwuler in der CDU. So etwa über
Norbert Geis: "Die immer erneut zitierten negativen Äußerungen
wurden auch deutlich von der LSU kritisiert. Eine Kritik, die im direkten
Dialog auch dazu führte, daß die umstrittenen Inhalte bereits Ende
des letzten Jahres aus dem Internet entfernt wurden. [...] Jedoch ist deutlich
festzustellen, dass Norbert Geis im persönlichen innerparteilichen
Gespräch ein aufmerksamer Zuhörer ist, der sich Inhalten auch
widmet." Vielleicht überschätzt Ralf Ohler hier den
Einfluß der LSU ein wenig, denn die umstrittenen Webseiten waren auch
dieses Jahr noch erreichbar, wir haben ja darüber berichtet.
Ohler berichtet auch, daß Stoibers überraschende Erklärung,
das Lebenspartnerschaftsgesetz bei einer Wahl zum Bundeskanzler nicht
abzuschaffen, das Wirken der LSU zeigt. "Die nach unserem Gespräch
entstandene Pressemitteilung unseres Kanzlerkandidaten Edmund Stoiber - das
Lebenspartnerschaftsgesetz ist als Faktum anzusehen, ist deutlich genug.
Dieses Thema wird daher auch im Wahlkampf keine Rolle spielen, da es wichtigere
Aufgaben zu meistern gibt."
Das erwähnte Gespräch war übrigens zwischen Ohler und Geis,
und nicht Stoiber. Auf ein Gespräch mit Stoiber müssen die
LSU-Repräsentanten noch warten.
Die Organisation der Schwulen in der SPD heisst Schwusos. Die Schwusos
zeigen zur Abwechslung mal, wenn auch eher unfreiwillig, wie sehr so eine
Gruppe an dem Engagement einiger weniger hängt. Vor einigen Jahren waren
die Schwusos, oder genauer gesagt die Schwusos Niedersachsen, sehr aktiv mit
einer sehr ambitionierten Internetpräsenz und auch einer ganzen Reihe von
Aktionen ausserhalb des Internets. Dann hatten ein paar Leute keine Luste mehr,
und innerhalb von wenigen Wochen wurde es ganz still um die Schwusos. Und
nicht nur um die in Niedersachsen.
Nun, die Schwusos gibt es noch, oder vielleicht auch wieder. In der
Selbstdarstellung auf Ihrer Homepage liest man: "Wir wollen mit der SPD
eine Gesellschaft verwirklichen, die nicht mehr nach der Identität
Menschen beurteilt. Wir wollen eine SPD, die vorbehaltslos Schwulen und Lesben
die Möglichkeit gibt, sich entsprechend ihren Fähigkeiten für
die Partei und die Gesellschaft zu engagieren." Nun, eigentlich
sollte das wohl alles selbstverständlich sein. Viel mehr fällt den
Schwusos aber nicht mehr ein. Man stehe noch "für Toleranz, Achtung
der Persönlichkeit und gleiche Rechte für alle" Und
natürlich mischt man sich ein, auf Bundes-, Landes- und
Kommunalerebene. Soweit die Schwusos auf ihrer Homepage.
Tatsächlich haben sich die Schwusos 1995 ein Grundsatzprogramm gegeben,
das auch 1998 in die Beratungen zur Überarbeitung des 1985er
Grundsatzprogramms der SPD einging. Naturgemäß bleibt bei so einem
Prozess am Ende nicht mehr viel übrig. Vermutlich gab es seitenweise
Anträge und Vorschläge für das Grundsatzprogramm der Schwusos,
am Ende wurden daraus 15 DIN A5 Seiten. Und aus diesen 15 DIN A5 wurden dann
einige wenige Zeilen im SPD Grundsatzprogramm. Das hört sich nach wenig
an, ist aber immer noch mehr, als bei manch anderen Parteien, und
schließlich sind Grundsatzprogramme auf mehrere Jahrzehnte
ausgelegt. Schließlich lagen etwa zwischen der Verabschiedung des
Grundsatzprogramms 1985 und der ersten Überarbeitung 1998 13 Jahre. Da
müssen die Formulierungen schon etwas zeitlos sein. Das hört sich
dann so an: "Für uns haben aber alle Formen von Lebensgemeinschaften
Anspruch auf Schutz und Rechtssicherheit. Keine darf diskriminiert werden, auch
die gleichgeschlechtliche nicht."
Etwas ergiebiger ist da schon das Grundsatzprogramm der Schwusos. Hier wird
gefordert:
- Die Aufnahme eines Verbots der Diskriminierung aufgrund der sexuellen
Identität sowie die Erweiterung des Schutzes von Ehe und Familie auf
alle auf Dauer angelegte Lebensgemeinschaften.
- Rehabilitierung der nach §175 verurteilten.
- Untersuchungen zur Gewalt gegen Schwule sowie eine Information der
Polizisten über lesbisch-schwule Lebensweisen.
- Ein Rechtsinstitut neben der Ehe, um auch andere auf Dauer angelegte
Lebensgemeinschaften rechtlich abzusichern. Dazu gehört auch das
gemeinsame Sorge- und Adoptionsrecht für Kinder.
- Aufenthaltsrecht für ausländische Partner
- Asylrecht für aufgrund ihrer sexuellen Orientierung Verfolgten
- Erweiterung des Gleichbehandlungsgrundsatzes im Arbeits-, Beamten- und
Soldatenrecht um die sexuelle Identität
- Nur solche Einrichtungen sollen aus öffentlichen Mitteln gefördert
werden, in denen Lesben und Schwule nicht benachteiligt werden.
- Verbesserte AIDS-Prävention, vor allem in der Jugendarbeit.
- Verbesserung der medizinischen Versorgung HIV-Infizierter sowie der
Lebenssituation von HIV-Infizierten.
- Ausbau und Förderung von AIDS-Forschungsprogrammen.
- Überarbeitung der Lehrpläne. Dabei sind diskriminierende Inhalte zu
streichen und eine gleichberechtigte Behandlung von homosexuellen und
heterosexuellen Lebensweisen sicherzustellen.
- Selbsterfahrungskurse, Elterngruppen etc. sollen durch die Träger der
Erwachsenenbildung angeboten werden.
- Lesben- und Schwulenbeauftragte an den Hochschulen.
- Die Jugendarbeit soll das Coming Out von jungen Schwulen und Lesben
positiv fördern.
- Ausgewogene und selbstverständliche Berichte über Schwule und Lesben in
den Medien
- Förderung wissenschaftlicher Forschungen über lesbische und schwule
Lebensweisen, über die Diskriminierung von Lesben und Schwulen sowie
über die Verfolgung von Lesben und Schwulen im dritten Reich.
Ausserdem machen sich die Schwusos noch Gedanken über behinderte Lesben
und Schwule, über Schwule und Lesben im Alter, über Frauenpolitik und
einiges anderes.
Ich habe diese Liste hier jetzt in voller epischer Länge
vorgelesen. Nicht um Zeit zu schinden. Auch nicht, um zu zeigen, wie toll doch
die SPD ist und wie sehr sie sich um Schwule und Lesben
sorgen. Schließlich ist im Grundsatzprogramm der SPD selbst davon nur
noch der bereits erwähnte einzelne Satz zur eingetragenen Partnerschaft zu
finden. Aber die Liste zeigt recht beeindruckend, daß es doch noch einige
Themen neben der in den letzten Jahren zur Genüge breitgetretenen Homo Ehe
gibt.
Und auch wenn diese Punkte bereits 1995 aufgestellt wurden - viele der
Punkte sind auch heute noch aktuell. Natürlich kann man sich Fragen, warum
etwa die Volkshochschulen Selbsterfahrungskurse für Schwule und Lesben
organisieren soll. Aber letztlich kann man sich bei jeder politischen
Entscheidung und Forderung fragen, ob das sinnvoll, erforderlich und richtig
ist. Aber das ist schließlich das Wesen von politischer Meinungsbildung.
Wenn von vorneherein klar wäre, was richtig ist, bräuchte man ja gar
nicht groß darüber debattieren. Aber immerhin haben wir hier eine
Liste von Forderungen, die heute genauso wenig erfüllt sind wie bei der
Aufstellung des Programms vor fast 7 Jahren.
Was jetzt nicht heissen soll, daß sich in dieser Zeit nichts getan
hätte. Bei der Bildung der rot-grünen Koalition fanden auch einige
schwulenpolitische Punkte Eingang in den Koalitionsvertrag: "Niemand darf
wegen seiner Behinderung, Herkunft, Hautfarbe, ethnischer Zugehörigkeit
oder sexueller Orientierung als Schwuler oder Lesbe diskriminiert werden. Dazu
werden wir ein Gesetz gegen Diskriminierung und zur Förderung der
Gleichbehandlung (u. a. mit der Einführung des Rechtsinstituts der
eingetragenen Lebenspartnerschaft mit Rechten und Pflichten) auf den Weg
bringen. Die Empfehlungen des Europäischen Parlaments zur
Gleichberechtigung von Lesben und Schwulen werden berücksichtigt."
Eine ziemlich wilde Satzkonstruktion, um alles kompakt in drei Sätze
zu pressen. Aber immerhin hat die rot-grüne Koalition hier weitestgehend
eingelöst, was sie versprochen hat. Auch wenn weder die HomoEhe noch die
Antidiskriminierungsvorschriften vollendet sind, zumindest nicht so wie
geplant.
Die Grünen haben eine eigene Arbeitsgemeinschaft
Homosexualität. Vor allem haben sie Volker Beck. Volker Beck und die
Grünen sind massgeblich für die Einführung der eingetragenen
Lebenspartnerschaft verantwortlich. Sie dürften auch darauf geachtet
haben, daß die Sexualität bei den neuesten Initiativen zu
Antidiskrimnierungsvorschriften berücksichtigt wurden. Bei der
Rehabitilation schwuler NS-Opfer agierten sie aber eher als Bremser.
Bei Grünen Parteitagen fällt mir immer auf, daß
regelmäßig eine große Regenbogenflagge am Rande des Podiums
hängt. Anscheinend denkt bei den Grünen jemand auch an solche
Kleinigkeiten. Wenn man schon an solche Kleinigkeiten denkt, dann finden sich
natürlich auch einige Sätze zu Schwulen und Lesben im nagelneuen
Grundsatzprogramm der Grünen. Da heisst es dann wörtlich:
- Niemand darf wegen seiner oder ihrer sexuellen Identität benachteiligt
und ausgegrenzt werden. Schwule und Lesben haben einen Anspruch auf
gleiche Rechte für ihre Lebensweisen, verbunden mit einem wirksamen
Schutz vor Ungleichbehandlung und Diskriminierung.
- Partnerschaften von Lesben und Schwulen müssen rechtlich vollständig
gleichgestellt werden.
- Junge Lesben und Schwule bedürfen eines besonderen Schutzes im
Coming-Out und einer besonderen Förderung.
- Die Geschichte der Ausgrenzung und Verfolgung muss lückenlos
aufgearbeitet werden. Verfolgung muss auch hier zu Entschädigung
führen.
- Wir setzen uns für die Anerkennung von geschlechtsspezifischer und
nichtstaatlicher Verfolgung und von Verfolgung wegen Diskriminierung
sexueller Identität ein.
- Egal ob in klassischen Ehen, in unverheirateter Partnerschaft,
Ein-Eltern- oder Patchwork-Familien, wiederverheirateten oder
gleichgeschlechtlichen Paaren lebend, auf die Kinder kommt es an.
Die Vorsitzende der Grünen, Claudia Roth, hat der Frankfurter
Schwulenzeitschrift GAB ein Interview gegeben, aus dem ich ein paar Stellen
zitieren möchte. Zunächst antwortet Claudia Roth auf die Frage, was
die Grünen nun noch an schwuler Politik bieten können: "Zum
einen haben wir noch viel vor, z.B. ein Antidiskriminierungsprogramm für
die Arbeitswelt und die Weiterarbeit an der Eingetragenen Partnerschaft. Zum
anderen gibt es in diesem Land politische Kräfte, denen ich zutraue, die
Reformen für Lesben und Schwule wieder zurücknehmen zu wollen."
Das gelte es zu verhindern.
Ausserdem gibt es noch eine überraschende Aussage dazu, wie die
schwulenpolitischen Passagen ins Parteiprogramm kamen. Das waren im Entwurf
nämlich noch weniger. "Ich war selbst überrascht, als mich die
Bundesarbeitgemeinschaft der Lesben und Schwulen in unserer Partei darauf
aufmerksam gemacht hat. Für uns im Vorstand ist das Thema mittlerweile
eine solche Selbstverständlichkeit - mit der Folge, daß die
einschlägige Passage wirklich etwas knapp geraten ist. Das werden wir aber
noch ändern."
Claudia Roth äussert sich auch zur FDP: "Seit Westerwelle
FDP-Vorsitzender ist, schweigt er zu diesem Thema. [...] Offenbar hat
Westerwelle eingesehen, daß die leeren Versprechungen an Lesben und
Schwule keinen Sinn machen. Von der FDP haben Lesben und Schwule nichts mehr zu
erwarten." Das ist zumindest soweit richtig, als ich im
Parteiprogramm der FDP genauso wenig über Schwule und Lesben gefunden habe
wie in dem der CDU, nämlich gar nichts. Eine Schwule Arbeitsgruppe oder
dergleichen gibt es anscheinend auch nicht und auch sonst habe ich keine
entsprechende Veröffentlichungen gefunden. Also ist die FDP die einzige im
Bundestag vertretene Partei, zu der ich gar nichts sagen kann.
Wer mitgezählt hat weiss, daß demnach noch eine Partei fehlt, die
PDS. Die PDS ist auch recht aufgeschlossen gegenüber schwuler Politik. Bei
den letzten Landtagswahlen haben wir die im Bundestag vertretenen Parteien
angeschrieben. Obwohl die PDS weder in Baden-Württemberg noch in
Rheinland-Pfalz im Landtag vertreten ist, hat die PDS doch als erste und auch
recht umfangreich geantwortet.
Im Programm der PDS finden sich auch einige Passagen zu schwulen
Politthemen. Ich habe mir das Programm mal angesehen.
- In das Grundgesetz soll "die Verpflichtung von Staat und
Gesellschaft, jegliche juristische und gesellschaftliche
Diskriminierung von Menschen auf Grund ihrer sexuellen Identität zu
beenden und Bedingungen für die volle und gleichberechtigte Akzeptanz
lesbischer Frauen und schwuler Männer und ihrer Lebensformen in der
Gesellschaft zu schaffen" aufgenommen werden.
- Die patriarchalen Strukturen der Gesellschaft müssen überwunden werden,
denn "die Diskriminierung kultureller und anderer Minderheiten,
von Lesben und Schwulen zu beseitigen, setzt nicht nur rechtliche
Gleichstellung voraus, sondern verlangt ein alle Lebensbereiche
erfassendes Umdenken."
- Und ganz generell: "Wir wenden uns gegen jegliche juristische und
gesellschaftliche Diskriminierung von Menschen aufgrund ihrer sexuellen
Identität und fordern, daß Bedingungen für die volle und
gleichberechtigte Akzeptanz von Lesben, Schwulen, Bi- und
Transsexuellen in der Gesellschaft geschaffen werden. Wir wollen die
Gleichstellung aller Lebensweisen."
Die PDS stellt mit ihrer lesbischen Bundestagsabgeordneten eine der wenigen
offen homosexuellen Bundestagsabgeordneten und steht bei Debatten über
schwulenpolitische Punkte immer in vorderster Linie. Recht häufig aber auf
der anderen Seite der Debatte als der andere Homo-Star im Bundestag, Volker
Beck. Das die PDS eine andere Meinung zur Schwulenpolitik hat, zeigt sich ja
bereits bei der Liste der Punkte aus dem Parteiprogramm. Keine Homo-Ehe.
Gleichstellung und Antidiskriminierung im erweiterten Rahmen der
Frauenemanzipation und der Minderheitenpolitik.
Dazu passt ja auch, daß die PDS die eingetragene Partnerschaft als
Sondergesetz für Schwule und Lesben ablehnt und statt dessen eine
grundlegende Reform der Ehe fordert.
Der LSVD steht als bundesweite Interessenvertretung der Schwulen und Lesben
ziemlich allein auf weiter Flur. Der LSVD geht zurück auf den ostdeutschen
SVD. 1999 nennt sich dieser Schwulenverband Deutschland um in Lesben- und
Schwulenverband Deutschland. Seit der Auflösung des 1986 gegründeten
Bundesverband Homosexualität im Jahre 1997 ist der LSVD die einzige
Umfassende Interessenvertretung für Schwule und Lesben.
Ein keineswegs unumstrittener Anspruch. Schließlich hat der LSVD nur
wenige hundert Mitglieder. Werner Hinzpeter kritisiert den LSVD in seinem 1997
erschienen Buch Schöne schwule Welt scharf. "Bei rund zwei Millionen
homosexuellen Männern in Deutschland kann der SVD mit seinen wenigen
hundert Getreuen wahrlich nicht behaupten, Vertreter aller Schwulen zu sein
oder auch nur von einer nennenswerten Zahl unterstützt zu werden. [...]
Nur dreißig der vielen hundert schwulen Vereine in Deutschland sind
Mitglied im selbsternannten Dachverband SVD. Sie können seine Politik nur
beratend mitgestalten, denn ein Stimmrecht räumt der SVD seinen
Mitgliedsvereinen nicht ein."
Kritisiert wird auch die enge Verknüpfung des LSVD mit den Bündnis
90 / Grünen in Person des LSVD Vorstands und Grünen
Bundestagsabgeordneten Volker Beck. Der resultierende Vorwurf: der LSVD wolle
nicht die Interessen der Schwulen und Lesben vertreten, sondern für die
Ziele einiger weniger wie Volker Beck ein weiteres Sprachrohr bieten.
Öffentlich in Erscheinung tritt der LSVD hauptsächlich durch
Informationsstände bei diversen CSDs und durch Interviews und
Pressemitteilungen in den Medien. Auch dies ist ein Kritikpunkt am LSVD. Es ist
klar daß sich Mitarbeiter lokaler Gruppen dann schon fragen, was denn
dieser ominöse Verein LSVD das ganze Jahr über so macht. Der LSVD
schreibt sich dann doch so einige Erfolge auf die Fahnen, etwa daß in
Leipzig 1990 Stellen für Lesben- und des Schwulenbeauftragte geschaffen
wurden. Bekannt sind auch die Aktion Standesamt und die Aktion Ja-Wort. Aber
auch Kongresse wie etwa Schwule im Alter 1995 in Köln.
Trotzdem, der LSVD kommt manchmal wie ein Raumschiff aus einer anderen
Galaxie an. Abgehoben, unverständlich, ein Fremdkörper halt. Und wenn
Vereine zwar Mitglied werden dürfen, aber kein Stimmrecht haben, dann gibt
es für die lokalen Gruppen auch keinen echten Anreiz, die Kluft zu
überbrücken und den LSVD zu unterstützen. Der LSVD hat zwar auch
den Anspruch, lokal tätig zu werden. Letztlich sind vor Ort aber ja lokale
Gruppen aktiv, die sich nicht so gerne vom LSVD in ihre Arbeit reinpfuschen
lassen, und sich auch nicht gerne vor den Karren des LSVD spannen lassen.
Wie dem auch sei, der LSVD etabliert sich erfolgreich als Vertreter der
Schwulen und Lesben. Die Medien nehmen die Pressemitteilungen und
Verlautbarungen des LSVD gerne auf. Was will aber der LSVD eigentlich? Die
Internetpräsenz des LSVD zeigt ein beachtliche Liste von Aktivitäten
und Forderungen.
Dazu gehören:
- Förderung der AIDS-Prävention und bessere finanzielle Ausstattung der
regionalen AIDS-Hilfen
- verbesserte soziale und medizinische Absicherung von HIV-Kranken
- Förderung der Forschung zu AIDS, insbesondere von Langzeitüberlebenden.
- Rechtliche Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Lebenspartnerschaften
mit der Ehe. Dazu gehört auch die Anerkennung der Tatsache, daß auch
Schwule und Lesben Kinder haben und großziehen und dabei ebenso wie
Heterosexuelle unterstützt werden sollen.
- Förderung von Selbsthilfegruppen und der Homosexuellen Subkultur mit
dem Ziel das Selbstbewusstsein von Schwulen und Lesben zu Stärken.
- Der Gewalt gegen Schwule und Lesben entgegentreten
- Ein Leben in Würde und ohne Anfeindungen im hohen Alter. So würde in
Altersheimen immer wieder aus "moralischen Gründen" schwulen Insassen
Männerbesuch verwehrt. Der LSVD fordert auch, daß Schwule
AltenInitiativen und Wohnprojekte wie das Frankfurter Altenpflegayheim
aus öffentlichen Mitteln gefördert werden.
- Diskriminierungsschutz für Schwule und Lesben im Grundgesetz. Der
Schutz der Ehe soll auf gleichgeschlechtliche Partnerschaften
ausgedehnt werden, der Schutz der Familie durch den Schutz des
"Zusammenleben von Menschen mit Kindern, pflege- oder anderweitig
hilfsbedürftigen Menschen" ersetzt werden.
- Beenden der Diskriminierung von Transgendern, dazu gehört insbesondere
eine Reform des Transsexuellengesetzes
- Gleiche Rechte in Europa und weltweit durchsetzen
Ausserdem bietet der LSVD als Service Beratungsstellen an. Dorthin kann man
sich wenden, wenn man Probleme mit dem Coming Out hat, wenn man
diskriminiert wurde, wenn man Opfer Antischwuler Gewalt wurde und so weiter.
Dazu hat man ehren- und hauptamtliche Berater und unterstützt
Selbsthilfegruppen, die auch vom LSVD selbst angeboten werden. Wo diese
Gruppen sind, habe ich allerdings nicht heraus gefunden.
Damit haben wir die drei Säulen, auf die sich der LSVD konzentriert:
- Anbieten von Services für Schwule und Lesben.
- Hilfe zur Selbsthilfe
- Politische Einflussnahme
Ich rede heute über schwule Politik, also werfe ich noch einen
genaueren Blick auf den letzten Punkt. Für den LSVD gehört dazu: Die
Entwicklung von politischen Forderungen und realistischen Konzepten. Das geht
hin bis zum Ausarbeiten von Gesetzentwürfen und
Maßnahmenprogrammen. Begleitend dazu eine aktive Pressearbeit und
politische Öffentlichkeitsarbeit durch Aktionen, Demonstrationen,
Plakatkampagnen etc. Ausserdem noch die Kommunikation mit Parteien,
Behörden, Verbänden, Kirchen sowie generell die Zusammenarbeit mit
anderen Organisationen. Und schließlich Informationsarbeit, etwa im
Internet, politische Bildung und Kulturarbeit.
Für die diesjährige Bundestagswahl hat der LSVD wieder
Wahlprüfsteine aufgestellt, an denen die Parteien gemessen werden
sollen. Es sind fünf Punkte: Die Vollendung der eingetragenen
Partnerschaft. Die Unterstützung gleichgeschlechtlicher Familien, das
heisst von Paaren mit Kindern, inklusive des Rechts auf Adoption und auf
künstliche Befruchtung. Der Schutz vor Diskrimierung durch ein
Antidiskriminierungsgesetz. Eine Umfassende Reform des
"Transsexuellengesetzes". Und schließlich die Errichtung eines Denkmals
für die im Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen.
Die Schwulenbewegung hat eine Stolze Geschichte. Die Jahrtausendwende war ja
Anlass für zahllose Rückblicke. Einer ist mir dabei ganz besonders
aufgefallen. Da wurden die einflussreichsten Bewegungen des 20. Jahrhunderts
gesucht, und die Schwulenbewegung war unter den Top 3. Man kann es einfach
nicht leugnen: Die Schwulenbewegung kann auf eine beachtliche Erfolgsgeschichte
zurückblicken. Man muss sich das mal vor Augen halten: Erst seit 1869 gibt
es den Begriff Homosexualität überhaupt. Danach gab es schon einmal
eine erstaunlich starke und erfolgreiche Schwulenbewegung. Höhe- und
gleichzeitig Endpunkt war die beschlossene Abschaffung des $175 im Jahre
1929. Daraus wurde wegen der Machtergreifung der NSDAP nichts, und es dauerte
bis 1994 bis es wieder so weit war und der §175 erneut abgeschafft wurde.
Nach dem Ende des dritten Reichs standen die Schwulen nämlich wieder
ganz am Anfang. Sex zwischen Männern war illegal. Homosexuelle waren
sozial geächtet, erpressbar, kriminell. Kaum zu glauben, das ist weniger
als ein halbes Jahrhundert her. Heute wird darüber gestritten, ob Schwule
und Lesben auf dem Standesamt oder nur in einer normalen Amtsstube heiraten
dürfen. Welch ein Wandel bei den Problemen. Fürwahr eine stolze
Geschichte.
Die Schwulenbewegung hat eine schwierige Gegenwart. 1997 hat Werner
Hinzpeter sein Buch Schöne Schwule Welt veröffentlicht. Darin
trägt er offiziell die Schwulenbewegung in Deutschland zu Grabe. Damals
erntete er dafür Kritik von allen Seiten. Auch ich hielt diesen Abgesang
für blauäugig. Schließlich gab es noch so viel zu fordern, so
viel zu erreichen. Und darunter waren auch einige gute Schlagworte, von denen
eine Bewegung ja lebt. Eine eingetragene Partnerschaft schien noch in weiter
Ferne, ebenso ein Antidiskriminierungsgesetz.
Die Zeiten haben sich schneller geändert als ich mir das in meinen
kühnsten Träumen hätte vorstellen können. Die eingetragene
Partnerschaft ist Realität, Antidiskriminierungsvorschriften werden auch
so langsam aber sicher zur Realität. Und jetzt?
Die Schwulenbewegung hat ein Problem. Ihr kommen die Themen abhanden. Und
das immer schneller. 1994: Der §175 wird abgeschafft. 2001: Die eingetragene
Partnerschaft ist da. Ca. 2003: Diskriminierung aufgrund der sexuellen
Identität ist in vielen Bereichen ausdrücklich
verboten. Natürlich bleiben noch viele offenen Punkte und
Wünsche. Einige habe ich ja bei den Parteien schon vorgestellt. Weiter
fallen mir spontan ein. Was ist mit der Verfolgung von Schwulen und Lesben in
einigen Ländern? Wollen wir schweigen, wenn in Ägypten Schwule
reihenweise verhaftet und verurteilt, wenn in Saudi Arabien Schwule gar
geköpft werden? Wie sieht es mit der Entschädigung und
Rehabilitierung von Menschen aus, die nach und vor 1945 wegen des §175
verurteilt wurden, deren Existenz durch eine Moralvorstellung, die wir heute
als falsch betrachten, zerstört wurde?
Aber eine gemeinsame Basis schaffen diese Themen nicht. Werner Hinzpeter
beschreibt das in seinem Buch so: "Im Herbst 1996 lud der Berliner
Buchladen Prinz Eisenherz zu einer Veranstaltung mit dem Titel die Linke und
das Laster.[...] Es erschienen fast sämtliche Wortführer der schwulen
Linken in Berlin[...]. Alle Versuche, ein geordnetes Gespräch über
aktuelle Themen und mögliche Ziele von Schwulenpolitik zu führen,
scheiterten. Die Diskussion hüpfte von einem Gedanken zum
anderen. Wichtige Punkte, an denen sie sich verbeissen konnten, gab es
nicht. Kein Wunder: Auf die Frage, welche schwulen Forderungen es noch an die
linke Politik gebe, antwortete ein Podiumsgast: Mir fällt keine
ein. Niemand widersprach, im Gegenteil: Der Satz stieß auf breite
Zustimmung". Beredtes Zeugnis für diese Themenlosigkeit geben
die immer beliebiger und austauschbaren CSD-Mottos.
Die Schwulenbewegung hat ein Problem. Ihr kommen mit den Themen auch die
Leute abhanden. Denn seien wir ehrlich, sind das die Themen, mit denen man
die Massen mobilisieren kann? Kann man all die Schwulen und Lesben hinter
einem dieser Banner versammeln? Wie viele werden von diesen Problemen so
sehr getrieben, daß sie Tage und Nächte in Parteigremien opfern,
Diskussionsforen organisieren, Lobbyarbeit betreiben und so weiter? Sicher,
die Themen sind wichtig. Sicher, es gibt welche, für die sind diese Themen
sogar sehr wichtig, und die engagieren sich entsprechend auch. Aber sind sie
auch für die große Masse der Schwulen und Lesben so wichtig?
Der §175 war so ein Thema. Die Forderung nach der Abschaffung des 175 war so
etwas wie der kleinste gemeinsame Nenner. So unterschiedlich die Meinungen auch
waren, auf die Abschaffung des 175 konnte man sich wahrscheinlich
einigen. Schon die HomoEhe passte nicht mehr in diese Fussstapfen. Viele
Schwule und Lesben waren und sind gegen die HomoEhe, aus den
unterschiedlichsten Gründen. Und Antidiskriminierungsgesetz,
Rehabilitierung der schwulen Nazi-Opfer, Asylrecht, Adoptionsrecht und und
und. Alles schöne, gute, wichtige Themen. Aber kann man sich vorstellen,
daß in einem CSD-Vorbereitungskommitee mit 20 Leuten aus den
verschiedensten Vereinen und Gastronomiebetrieben auch nur eines dieser Themen
einstimmig zum Motto des CSDs erwählt werden könnte? Ich kann es mir
nicht vorstellen.
Die Schwulenbewegung hat ein Problem. Es gibt sie eigentlich gar nicht.
Zumindest nicht auf Bundesebene, und zumindest nicht in Form eines zentralen
Sprachrohrs, eines Dachverbands. In den Anfangsjahren haben irgendwelchen
lokalen Gruppierungen diese Rolle übernommen. Studentengruppen aus den
schwulen Hochburgen. Etwa die Homosexuelle Aktion West Berlin. Wer am lautesten
trommelte, hatte die Meinungsführerschaft. Weit darüber hinaus ist
die Schwulenbewegung nie gekommen. Zahlreiche Dachverbände wurden
gegründet, und ebensoviele wieder aufgelöst. Zur Zeit hat diese Rolle
der LSVD inne. Nach dem alten Prinzip: die sind einfach am lautesten, machen
den meisten Presserummel. Demokratische Legitimation hat der LSVD
keine. Braucht ein Verband auch nicht unbedingt. Wenn aber die vom Verband
vertretenen Thesen unter denen, die der Verband vertreten will, derartig
umstritten sind, dann braucht man entweder neue Thesen oder eine demokratische
Legitimation der Vorderungen. Oder einen neuen Verband.
Die Schwulenbewegung hat ein Problem. Es gibt keine originär schwulen
politische Ziele mehr. Der §175 war so etwas - ein Gesetz speziell gegen
Schwule - ein Gesetz dessen Abschaffung vor allem den Schwulen am Herzen
lag. Die heutigen Themen sind da anders.
Asyl für Schwule und Lesben, die aufgrund ihrer sexuellen
Identität verfolgt werden: ist das nicht viel mehr die allgemeine Frage,
wem wir hier in Deutschland wann und wie lange Asyl gewähren wollen? Alle
paar Jahre schwappt die Asyl-Diskussion wieder an die Oberfläche,
Homosexualität als Asylgrund gehört eigentlich in diese Debatte mit
hinein.
AIDS-Forschung und Prävention: Das sind doch Themen aus den
großen Bereichen Bildungswesen, Universitäten,
Forschungsförderung, Gesundheitswesen, Krankenkassen und so weiter. Wenn
man Geld für AIDS-Forschung will, so muss man sich darum kümmern,
wenn die Gelder und Prioritäten für die Universitäten festgelegt
werden, also im Rahmen der Bildungspolitik.
Schwule Politik fasert aus in andere Bereiche. Das ist eine Chance,
gemeinsam mit anderen kommt man weiter. Es ist auch eine Gefahr. Schwule
Politik wird als solche kaum noch greifbar, erfahrbar. Bei den Berichten zum
Antidiskriminierungsgesetz, an dem derzeit in Berlin gearbeitet wird, muß
man schon drei mal hinsehen um zu erkennen, daß hier auch Schwule und
Lesben vor Diskrimierung geschützt werden sollen. Die Ergebnisse werden
dadurch besser, auch die HomoEhe wäre als Institut neben der Ehe für
Heteros und Homos besser geworden. Schwule Politik wird dadurch aber unsichtbar
und letztlich unattraktiv.
Die Schwulenbewegung hat keine Zukunft? Vielleicht nicht, vielleicht doch.
Sie steht aber sicher am Scheideweg. Wie es weitergehen wird ist unklar. Mir
bleibt nur mit Brecht Fazit zu ziehen:
Wir stehen selbst enttäuscht und sehn betroffen
Den Vorhang zu und alle Fragen offen.