Persönlichkeiten von schwulem Interesse
John Richard Schlesinger
Helmut
Der britische Film- und Theaterregisseur John Richard Schlesinger wurde am
16.2.1926 in London geboren. Erste Schauspielerfahrungen sammelte er
während seiner Militärzeit im zweiten Weltkrieg. Von 1952 bis 1957
arbeitete Schlesinger in England und Australien als Schauspieler und nahm
fünf Kinofilme und rund zwanzig Theaterstücke in sein Resümee
auf. Dann wurde durch ein Treffen mit Regisseur Roy Boulting seine erste Liebe
für die Kamera erneut entfacht. Zunächst arbeitet er für das
Fernsehen. Einer dieser Jobs war ein Film über einen Tag an der Londoner
Waterloo Station. Die Produktion kam nicht nur Englandweit in die Kinos,
sondern erhielt 1961 auch den Goldenen Löwen von Venedig sowie einen
BAFTA.
1962 gibt er mit "A King of Loving" sein Filmdebüt. Das
brachte ihm prompt den Goldenen Bären in Berlin ein. Es folgen "Billy
Liar" und "Darling". Damit ebnet er für Julie Christie den
Weg zum Welterfolg. Nach der missglückten Thomas Hardy Adaption "Far
from the Madding Crowd" von 1967 zieht Schlesinger in die USA. Fortan
arbeitet er abwechselnd in den USA und in Großbritannien. Mit
"Midnight Cowboy", der Geschichte einer Freundschaft zwischen einem
Stricher und einem behinderten Mann gelingt ihm sein erster großer Erfolg
bei Publikum und bei der Kritik. Schlesinger erhält einen Oskar für
die beste Regie. In den USA wird der Film erst ab 21 Jahren freigegeben. Auch
sein nächster Film "Sundy, Bloody Sunday" mit Glenda Jackson und
Peter Finch wird ein Meilenstein in der schwulen Filmgeschichte. Zum ersten Mal
küssen sich in einem britischen Film zwei Männer. 1986 dreht er die
TV-Produktion "An Englishman abroad" mit Alan Bates über den
homosexuellen Spion Guy Burgess. Dessen Lebensgeschichte war unter anderem auch
Vorlage für "Another Country" von Marek Kanievskas zwei Jahre
zuvor.
Nach dem wenig erfolgreichen Film "The day of the Locust" aus dem
Jahre 1975 inszenierte er 1976 den Kassenschlager "The Marathon Man".
Es folgen unter anderem "Madame Soustzka" und "Pacific
Heights". Seine jüngsten Projekte reichen künstlerisch kaum noch an
seine großen Erfolge heran und werden mehrheitlich Flops. So wie etwa
"The Innocent" von 1991 und "Eye for an Eye von 1994. Das
Angebot des US-Dramatikers Larry Kramer, sein Stück "The Normal
Heart" zu verfilmen, lehnt Schlesinger ab. Er selbst lässt sich mit
"The Midday Sun" von David Leavitt einen eigenen Stoff für einen
AIDS-Film entwickeln, der jedoch bislang nicht gedreht wurde. Ebenso wenig wie
seine Filmadaption des Andrew Lloyd Webber Musicals "Aspects of
Love". In Nigel Finchs Verfilmung des Leavitt Romans "The lost
language of Cranes" ist Schlesinger in einer Gastrolle zu sehen. John
Schlesinger wurde 1970 von Königin Elizabeth II. zum Commander of the
British Empire (CBE) erhoben.
Die Homosexualität Schlesingers kann man anhand seiner Filmographie
erahnen. Schwule kommen einfach in zu vielen seiner Filme an prominenter
Stelle vor. Er selbst sah dies jedoch immer als seine Privatsache an. Die
Zeitschrift Gay Times vom Mai 1995 zitiert ihn dazu wie folgt: "Ich habe
niemals ein Geheimnis daraus gemacht. Ich glaube jeder wusste es als ich
"Sunday Bloody Sunday" machte, aber ich war nie jemand, der es von
jedem Dach schrie. Ian McKellen wollte immer das ich es tat, aber ich denke
mein Outing war als ich ihn bei der Annahme seines Adelstitels
unterstützte, nachdem er von Derek Jaman verunglimpft wurde."
Also kein richtiges, öffentliches Coming Out. Aber andererseits
verleugnet er seine Homosexualität auch nicht.