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Persönlichkeiten von schwulem Interesse

John Maynard Keynes

Helmut

John Maynard Keynes wurde am 5.6.1883 in Cambridge geboren. Sein Vater war Wirtschaftswissenschaftler in Cambridge, seine Mutter Schriftstellerin und Bürgermeisterin von Cambridge. Er kam also aus guten Verhältnissen und machte sich auf, in die Fussstapfen seines Vaters zu treten. Allerdings waren zunächst die schlechtesten Noten in seinem Zeugnis die in wirtschaftstheorie. Später sagte er dazu, dass er offensichtlich mehr darüber wusste als seine Prüfer. Er studierte am Eton und King's College in Cambridge.

Er arbeitete zunächst im India Office, dort hielt es ihn aber nicht lange. Von 1907 bis 1908 arbeitete er dann im Innenministerium, ab 1915 war er Berater im Schatzamt. Zwischendurch zog es ihn immer wieder zurück nach Cambridge, wo er als Dozent arbeitete und zahlreiche Arbeiten, zunächst im Bereich der Mathematik, später im Bereich der Ökonomie veröffentlichte.

Mit Ausbruch des zweiten Weltkriegs verschlug es ihn wieder in das britische Schatzamt. Dort arbeitete er etwa an der Finanzierung der französischen Kriegsausgaben. Nach Ende des Kriegs war er Teil der britischen Delegation bei den Friedensverhandlungen in Versailles. Die Reparationszahlungen, die von Deutschland verlangt wurden, hielt er für einen großen Fehler. In Versailles hielt er zunächst noch seinen Mund, nach der Rückkehr nach England quittierte er aber seine Stellung im Schatzamt wieder und veröffentlichte mit Economic Consequences of the Peace ein Werk, in dem er die wirtschaftlichen Bestimmungen des Versailler Vertrag verriss. Das mit brilliantem Stil und beißendem Witz verfasste Buch machte ihn schlagartig berühmt.

Damit, spätestens aber mit seinen Aufsätzen zur Zeit der Weltwirtschaftskrise in den 30er Jahren, zeigte sich Keynes als Vertreter einer neuen Denkrichtung in der Wirtschaftstheorie. Bisher war die Maxime „Geht nicht“ oder „Keine Einmischung“, der sogenannte Laissez-faire Kapitalismus. Keynes sah das anders. Er hatte keine Verständnis für Ökonomen die davon ausgingen, dass auf lange Sicht hin alles gut würde. Bereits zu Beginn seiner Karriere schrieb er, dass diese „lange Sicht“ ein Irrweg sein. „In the long run we are all dead“, so Keynes dazu. Natürlich könne man etwas gegen Arbeitslosigkeit tun. Natürlich kann man einer Rezession entgegen steuern. Diesem „Geht nicht“ stellte Keynes also ein trotziges „Geht doch“ entgegen. Keynes entwickelte Theorien der Nachfragesteuerung durch die Regierung. Wenn die Wirtschaft in eine Rezession steuert, dann soll der Staat investieren, Schulden machen, um so die Wirtschaft wieder in gang zu bringen. Eine Theorie, die ja auch heute noch zu zahllosen politischen Debatten führt und ganze Wahlkämpfe füttert. Und sicherlich den Rahmen unserer kleinen Biographie hier bei Rosarauschen sprengt.

Die Debatte über Keynes war zentraler Bestandteil der Ökonomischen Theorie und vor allem in der Debatte über Kapitalismus und Kommunismus. Keynes war hier eine wichtige Verteidigungslinie des Kapitalismus, da er so etwas wie einen Kapialismus mit menschlichem Antlitz versprach. Nach dem Sieg des Kapialismus in dieser Debatte geriet Keynes aber zunehmen wieder als Abweichung von dem gesunden Kapialismus in Miskredit. Nur um jetzt, angesichts einer weltweiten Rezession, wieder als Patentrezept hervorgeholt zu werden.

Seine Theorien fanden auch vielfältige praktische Anwendungen. So war Roosevelt's berühmter New Deal von Keynes Ideen beeinflusst. Und seine Abhandlung über den Versailler Vertrag prägte entscheidend die Haltung der westlichen Alliierten nach dem zweiten Weltkrieg und legte somit den Grundstein für den wirtschaftlichen Wiederaufstiegs Deutschlands und Westeuropas. Sein 1943 veröffentlichter Plan für eine internationale montäre Neuordnung des Währungssystems wird auf der Bretton Woods Konferenz zwar von der US-Regierung abgelehnt, war aber eine der Grundlagen bei der Bildung der Europäischen Währungsunion sowie beim Internationalen Währungsfond. Sein Erfolg lässt sich vielleicht am besten mit Nixons Ausspruch "We are all Keynesians now" umschreiben. Heute würde das kein Politiker mehr so sagen, aber Keynes ist immer noch aktuell.

Keynes radikale Abkehr von den bisherigen Theorien ist sicherlich auf das offensichtliche Versagen der normalen Marktwirtschaftlichen Regulatorien in der Weltwirtschaftskrise zu erklären. In dem Buch „Out!“ fand ich noch eine schöne, andere Erklärung: „Keynes' Homosexualität ist zentral zum Verständnis des Nationalökonomen und Konjunkturtheoretikers, da er durch sie immer wieder zur kritischen Distanz gegenüber vielen Konventionen gezwungen wird“

Bereits während seiner studienzeit machte er erste homosexuelle Erfahrungen. Er findet Kontakt zur Künstlergruppe „Bloomsbury Group“ um Virginia Woolf, Lytton Strachey und E.M. Forster. Dort lernt er auch den Maler Grant Duncan kennen. Mit ihm geht er seine erste längerfristige Beziehung ein.

Seine zahlreichen, mit zunehmenden alter immer offensichtlicher werdenden, Affären mit jungen Männern führten niemals zu rechtlichen oder auch sozialen Problemen. Letztlich schützte ihn eine Kombination aus Glück, Brillianz, sowie einflussreichen Kontakten. Vielleicht hilft auch, dass er 1925 die Ballerina Lydia Lopokova heiratete. Die Ehe blieb übrigens Kinderlos, die Lopokova gründete mit dem Geld Keynes das Vic-Wells Ballett.

1937 erlitt er einen Herzinfarkt, den er zwar überlebte, seine volle Gesundheit sollte er aber nicht wieder erlangen. Beruflich schafft er es zu sowas wie einem Aufsichstrat der Bank of England und zum Governor des Eton College. Im zweiten Weltkrieg arbeitet er, wie im ersten, im Schatzamt, diesesmal allerdings an deutlich höhrere Position. 1942 wird er in den Adelsstand erhoben

Am 12.4.1946 stirbt Keynes in Firle in Sussex. Als das Time Magazin die 100 einflussreichsten Menschen des 20. Jahrhunderts gesucht hat, war Keynes einer der wenigen Wissenschaftler, der es auf diese Liste geschafft hat.

 


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Letzte Änderung 16.1.2004