Persönlichkeiten von schwulem Interesse
Hella von Sinnen
Helmut
Mittlerweile ist die Liste prominenter Schwuler recht lang. Das geht von
Biolek bis Wowereit, von Beck bis Ücker und so weiter und so
fort. Bekannte Lesben sind dagegen immer noch Mangelware. Hella von Sinnen ist
da seit Jahren der erste und meist auch der einzige Name, der einem
einfällt.
Geboren wurde Hella von Sinnen als Hella Kemper 1959 in Gummersbach. Sie
will Schauspielerin werden, schafft es aber trotz mehreren Versuchen nicht, an
einer Schauspielschule aufgenommen zu werden. So studiert sie dann halt
Theater-, Film und Fernsehwissenschaften an der Uni in Köln. Gleichzeitig
bringt sie sich selbst das schauspielern bei, etwa an der Studiobühne der
Uni. Ihr Studium bricht sie später ab, nachdem Sie zusammen mit Dirk Bach
die Kabarettgruppe die Stinkmäuse gründete. Später entwirft sie die
Figur der Putzfrau Schmitz und hat durchaus Erfolg mit Soloauftritten und am
legendären Schmidt-Theater.
1998 kommt dann der große TV-Durchbruch. RTL engagierte sie für
die Sendung "Alles nichts, oder?" Diese wurde zu einem Quotenrenner,
der auch nach dem Ende fünf Jahre später lange Zeit in ständigen
Wiederholungen durch die RTL-Sender geisterte. Mit Weiber von Sinnen hatte sie
noch einen weiteren TV-Erfolg. Danach gab es aber nur noch
Flops. Schließlich zog sie sich auf die Bühne zurück, nicht ganz
freiwillig. Hella gegenüber der taz: "Ich saß zu Hause und
sagte. "Hallo? Kann mal bitte einer kommen?! Es gibt ja überhaupt
keine Pläne." [...] Ich war am Anfang immer noch ein bisschen
knatschig, weil ich im Fernsehen nicht mehr so präsent war. Das hat mein
Ego ganz schön irritiert." Sie sagt selbst, dass sie in
ein richtiges Loch geplumpst sei.
Eine Zeit lang sah es aus, als ob sie da nicht rauskäme. Dann hat sie
aber mit der Hilfe von Claus Vincon und Cornelia ein Soloprogramm auf die Beine
gestellt. Für ihr Soloprogramm hat Hella viel Lob bekommen, und mit der
Zeit durfte sie auch wieder ins Fernsehen zurück. Da gehörte Sie
ihrer Meinung nach sowieso hin: "Ich möchte Fernsehen machen,
weil ich es einfach besser kann als andere. Ich finde, dass die Nation verdient
hat, mich auf dem Fernsehschirm zu sehen." Allerdings reichte
es nur zu einer Rückkehr in Form der üblichen Gastauftritten der
B-Prominenz. Die Promi-Version von "Wer wird Millionär", die 100
Millionen Mark Show oder die große IQ-Show: Hella von Sinnen ist immer
dabei.
Das Hella eine Lesbe ist, war nie ein Geheimnis. Ihr öffentliches
Coming Out war beim Berliner Presseball 1990. Bei der Entgegenname eines Bambis
hatte sie sich auch bei ihrer "Gattin Sabine" bedankt. RTL schnitt
den Satz zwar aus der Übertragung, das macht aber natürlich trotzdem
die Runde durch die Presse. Wenig später, Anfang 91, sorgte sie noch
einmal für Aufsehen, als sie sich mit ihrer neuen Liebe Cornelia Scheel,
der Tochter des Ex-Bundespräsidenten, zeigte. Cornelia Scheel bezahlte
diese Offenheit übrigens mit ihrer Geschäftsführerstelle bei der
Deutschen Krebshilfe e.V. Die wurde von Scheels Mutter gegründet und
Cornelia engagierte sich bei der Krebshilfe als prominente
Repräsentantin. Bis bekannt wurde, das Cornelia lesbisch war. Da
fürchtet die Krebshilfe dann um ihr seriöses Image. Die Krebshilfe
behauptete, zahlreiche Spender hätten angedroht, ihre Erbschaften
zurückzuziehen. Cornelia wurde daher nahegelegt, "abzutauchen,
bis sich der Medienrummel gelegt hat" Cornelia trennte sich im
Streit von der Deutschen Krebshilfe. Und sorgte mit Hella dafür, dass sich
der Medienrummel so schnell nicht legte.
Im Mai 1992 marschierten Cornelia und Hella ins Kölner Standesamt und
bestellten das Aufgebot. Das wurde natürlich abgelehnt, schließlich
können zwei Frauen nicht einander heiraten. Zusammen mit einigen anderen
homosexuellen Paaren versuchten die beiden die Hochzeit auf juristischem Wege
bis zum Bundesverfassungsgericht durchzusetzen. Vor den Gerichten hatten Sie
damit wenig Erfolg, in den Medien schon eher. Die "Schwule
Presseschau" registrierte erstaunliche 105 Meldungen in der Tagespresse
anlässlich des Heiratsversuchs von Hella und Cornelia.
Die Präsenz als Lesbe beschränkte sich nicht nur auf die
Homo-Ehe. Hella war und ist eine der treibenden Kräfte hinter der
schwul-lesbischen Karnevalssitzung rosa Sitzung in Köln. Und bei
zahlreichen CSDs, schwulen Kulturtagen etc. tritt sie auf beziehungsweise
moderiert sie.
Neben der Homo-Bewegung setzt sie sich auch noch für die Frauenbewegung
ein. Ja, Hella von Sinnen ist eine Emanze. "Ich bin mit der
Frauenbewegung groß geworden. Ich gehöre zu denen, die Emanze immer
noch nicht als Schimpfwort empfinden, sondern als Auszeichnung." Und
weiter: "Frauen verdienen immer noch nicht soviel Geld wie
Männer. Täglich werden Frauen Opfer männlicher Gewalt, kriegen eine
in die Fresse oder werden vergewaltigt. Wir haben keine emanzipierte
Gesellschaft. Und ich werde nicht aufhören, dies anzuklagen."
All die Jahre waren Hella und Cornelia das Traumpaar unter den deutschen
Promi-Homos. Im Mai diesen Jahres war das dann plötzlich aus. Die beiden
haben sich getrennt, Cornelia zog aus der gemeinsamen Wohnung aus. Und vor
wenigen Wochen wurde schließlich von einer erneuten Versöhnung
berichtet. Die Beziehung zwischen Hella und Corenelia ist auch 11 Jahre nach
den ersten Schlagzeilen noch immer im Fokus der Medien. Die beiden sind eben
auch immer noch das mit Abstand bekannteste Lesbenpaar Deutschlands.