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Persönlichkeiten von schwulem Interesse

Hans-Georg Stümke

Helmut

Hans-Georg Stümke kam am 16. September 1941 in Königsberg zur Welt. Ursprünglich aus Ostpreußen kommend, verschlug es seine Familie dann nach Niedersachsen. In Celle ging er zur Schule. Daran schloß sich eine Ausbildung zum Wetterbeobachter als Zivilangestellter bei der Bundeswehr an und schließlich holte er auf dem zweiten Bildungsweg das Abitur nach, um schließlich Historiker und Lehrer zu werden.

Auf dem gymnasialen Kolleg wurde er häufig von seinen Mitschülern gehänselt. Dabei entstand eine Anekdote, die er gerne erzählte. Einmal sprang ihm bei den Hänseleien nämlich einer bei, der solchen Heteroterror unerträglich fand. In den 60er Jahren noch weniger eine selbstverständlichkeit als heute. Es war der heutige Bundeskanzler Gerhard Schröder. Mit Stümke in der gleichen Klasse, schützte er ihn mit der Bemerkung, erstens seien solche Hänseleien sowieso doof, zweitens könne jeder privat machen, was er wolle.

Was die Zukunft für Schröder in Petto hatte, wissen wir. Aber auch Stümke wurde politisch aktiv. Einer Partei stand er dabei nie nahe, everybodys darling wollte er nie sein. Es ging ihm nur um die Schwulenbewegung. Die Parteifahne war ihm stets weniger wichtig als der Kampf für homosexuelle Bürgerrechte. Wenn er sich dafür mit anderen Gruppen verbünden musste, so tat er das, wenn er sich dafür mit anderden Gruppen anlegen musste, so tat er das auch. Er wollte sich aber nie einer Partei- oder Gruppenraison unterordnen, um den Kampf Homosexueller um ihr öffentliches Coming-out nicht zu gefährden. Parteien und Gruppen waren für ihn nur Mittel zum Zweck. Und der Zweck, das war die Emanzipation der Schwulen und Lesben.

"Schwule und Lesben brauchen Bürgerrechte", pflegte er zu sagen, "dafür müssen sie Bündnisse eingehen." Stümke ging, um ebendieses Ziel zu befördern, viele Bündnisse ein. Er engagierte sich im Kommunistischen Bund, später bei den Grünen, schließlich Ende der Achtziger bei der Ausdehnung des Schwulenverbandes Deutschlands von der DDR auf das Bundesgebiet.

Er forderte Einsatz und mehr, nämlich Konsequenz. Die Idee, ein homosexuelles Bürgerrechtszentrum in Hamburg zu etablieren, hatten vor ihm vielleicht schon andere. Er aber forderte nicht nur, dass es ein anderes Ambiente als ein "studentisches Matratzenlager" haben müsse. Er forderte vor allem, dass es realisiert wurde. "Träumen kann jeder", pflegte er zu sagen, "aber Ideen umzusetzen, das macht Arbeit." Dieser Arbeit hat er sich nicht verweigert. Im Gegenteil. Hans-Georg Stümke, der seine Kombattanten mit seinen Ansprüchen öfter als gelegentlich überforderte, war auf eine Art unerbittlich, die in der schwulen Welt, zumindest in deren politischem Teil, unbekannt war: Ihm ging es nicht um ästhetische, sondern um politische Raumgewinne.

Seine Verdienste sind für die Selbstwahrnehmung der Homobewegung entscheidend gewesen: Von einem New-York-Trip in Hamburg zurück, berichtete Stümke 1978 in der Homopresse von den Aufständen in der Kneipe "Stonewall" in der Christopher Street. Damit war er der Erste, der dieses Erbe weitererzählte: "Deutsche Schwule sollen lernen, dass anderswo militant gekämpft wird - und dass Duckmäusertum nicht lohnt."

Mit dem Buch "Rosa Winkel, Rosa Listen" dokumentierte er 1981 erstmals fundiert den Naziterror gegen Homosexuelle. Noch bekannter wurde er vermutlich durch die eher leichte Seite seines literarischen Schaffens. In dem unter dem Pseudonym "Elvira Klöppelschuh" veröffentlichten Buch "Elvira in Gran Canaria", das wir auch schon bei Rosa Rauschen besprochen haben, zeichnet er ein humorvolles und unterhaltsames Bild des schwulen Urlaubsparadies.

Stümke litt seit vielen Jahren an verschiedenen Krankheiten. Zuletzt wurde Krebs diagnostiziert. Vergangene Woche wurde der 61-Jährige tot in seiner Berliner Wohnung aufgefunden.

 


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Letzte Änderung 30.12.2003