Persönlichkeiten von schwulem Interesse
Fritz Haarmann
Helmut
1924 zog Hannover die Aufmerksamkeit Deutschlands und der Welt auf
sich. Alles fing damit an, daß einige Leichenteile in der Leine
gefunden wurden. Um die verunsicherte Bevölkerung zu beruhigen,
wurde die Leine systematisch durchsucht, mit einem schockierenden
Ergebnis. Zahlreiche Leichenteile wurden gefunden. Unter anderem
allein 22 rechte Oberschenkelknochen. Der hannoveranischen Polizei
lagen bereits seit geraumer Zeit viele Vermisstenanzeigen für
junge Männer vor. Man ging aber davon aus, daß in den
unruhigen Nachkriegszeiten diese lediglich nach Berlin oder ins
Ausland gegangen sind, um dort ihr Glück zu versuchen. Jetzt war
aber klar, daß in Hannover ein Massenmörder sein Unwesen
trieb, dem sie zum Opfer fielen.
Dieser Massenmörder war Fritz Haarmann, auch als "der
Schlächter von Hannover" bekannt. Haarmann hat mindestens 24
junge Männer ermordet, er selbst sagte aber, er könne sich
an über 40 erinnern. Wie viele andere Kriminelle auch hatte
Haarmann eine schwere Kindheit. Er wurde am 25.10.1879 als sechstes
und jüngstes Kind des Heizers Karl Harmann geboren. Seine Jugend
war von harten Konflikten mit seinem Vater geprägt, der Fritz des
öfteren mit der Einweisung in ein Irrenhaus drohte. Mit 16 Jahren
wurde Fritz auf die Unteroffiziers-Vorschule in Neu-Breisach
geschickt. Bereits nach wenigen Wochen wurde er aber wegen psychischer
Probleme entlassen. 1896 wurde er dann wegen Unzucht mit Knaben
angeklagt. Statt einer Haftstrafe wird er aber in das Irrenhaus
Hildesheim eingewiesen. Ein Halbes Jahr später gelingt ihm die
Flucht aus Hildesheim in die Schweiz. Dort blieb er rund ein Jahr und
schlug sich als Hilfsarbeiter durch. Schließlich kehrte er aber
nach Hannover zurück, wo er sich mit Erna Loewert verlobte. Im
Oktober 1900 wird er dann wieder Soldat. Aber auch mit diesem Anlauf
in ein geregeltes Leben klappt es nicht lange. 1902 wird er
zunächst in eine Abteilung für Nervenkranke eingeliefert und
dann aus dem Militärdienst entlassen.
Haarmann beginnt nun eine Karriere als Kleinkrimineller. Immer wieder
wird er wegen Diebstahl, Betrug, Betteln, Körperverletzung
usw. verhaftet und verurteilt. Dazu gesellen sich auch eine Reihe von
Verurteilungen wegen Vergehens gegen den Paragraph 175. So verbringt
er den größten Teil des ersten Weltkriegs im
Gefängnis. Als er kurz nach dem Ende des Kriegs aus dem
Gefängnis entlassen wird, wirbt ihn die hannoveranische Polizei
als Spitzel an. Gleichzeitig versucht sich Haarmann erfolgreich als
Schwarzmarkthändler. Er verkauft auch erfolgreich Altkleider und
Fleisch. Erwiesenerma&azlig;en waren unter diesen Altkleidern auch die
Kleider seiner Opfer. Es wurde gemunkelt, daß er auch das
Fleisch seiner Opfer verkauft habe. Beweise gibt es dafür keine,
genauso wie für die Behauptung, er habe das Fleisch seiner Opfer
selbst gegessen.
In dieser Zeit gewann Haarmann einen gewissen Wohlstand. Dazu trug
auch seine Tätigkeit als Spitzel für die Polizei bei. Die brachte
ihm nicht nur Geld und Beziehungen, sondern gab ihm natürlich die
Gelegenheit, unliebsame Konkurrenten zu denunzieren und
auszuschalten. Reich wurde er nicht, aber er hatte ein
anständiges Dach über dem Kopf, einen anständigen Anzug
an und immer etwas zu essen daheim. In dem Deutschland der
Nachkriegsjahre, das von Mangel und Armut geprägt war, wurde er
allein dadurch schon zu einem beliebten Kunden der hannoveranischen
Stricher. Und Haarmann nahm die Stricher nur zu gerne mit sich nach
Hause. Immer wieder erlag er dann im Sexrausch seiner
Mordlust. Zwischen 1923 und 1924 ermordete er mindesten 24 Stricher im
Alter von 13 bis 23 Jahren. Er soll ihnen dazu die Kehle durchbissen
haben. Danach hat er die Leichen in kleine Stücke zerschnitten
und in der Leine versenkt. Oder aber, falls die Gerüchte stimmen,
eben als Freibankfleisch verkauft.
Nicht alle Liebhaber Haarmanns ereilte dieses Schicksal. Zu einem,
Hans Grans, hatte er gar eine anhaltende Liebesbeziehung. Der 1901
geborene Grans zog im Oktober 1919 in Haarmanns Wohnung ein. Die
beiden werden als Verbrecherpaar dargestellt, so eine Art schwule
Bonnie And Clyde. Grans war demnach für die feineren Aspekte
zuständig. Er brachte Haarmann mit den Strichern in Kontakt und
verkaufte deren Kleider. Haarmann übernahm das Töten und die
Beseitigung der Leichen.
Am 22. Juni 1924 wird Haarmann verhaftet, wenig später auch Hans
Grans. Die Mutter des 18 jährigen Robert Witzel erkannte die
Jacke ihres vermissten Sohns wieder. Es stellte sich heraus, daß
die Jacke von Haarmann verkauft wurde. Daraufhin mußte die
Polizei die Wohnung ihres Spitzels Haarmann durchsuchen. Nachdem
einige dabei gefundene Kleidungsstücke von den Eltern vermisster
Jungens erkannt wurden, gesteht Haarmann. Nach einem
aufsehenerregendem Prozess werden Haarmann und Grans zum Tode
verurteilt. Haarmann wird am 15.4.1925 geköpft. Das Urteil gegen
Grans wird in der Berufung in eine Gefängnisstrafe
umgewandelt. Grans lebte bis ca. 1980 in Hannover.
Haarmann genießt die Aufmerksamkeit, die während des Prozesses
auf ihn gerichtet ist: "Wenn ich so gestorben wäre, dann
wäre ich beerdigt wurden und keiner hätte mich gekannt, so
aber - Amerika, China, Japan und die Türkei, alles kennt
mich". Seiner Zeit weit voraus will er aus seinen 15 Minuten des
Ruhmes Kapital schlagen. Einen Roman will er schreiben, "wir
verdienen viel Geld damit, da werden wir Millionär". Und ein
Denkmal wollte er, "noch in tausend Jahren, da kommen sie alle
und sehen sich das noch an". Die ersten hundert Jahre hat er ja
schon fast geschafft, ohne in Vergessenheit zu geraten.
In der Öffentlichkeit hat der Fall Haarmann nicht nur eine
Diskussion über die Todesstrafe, über den Umgang mit
geisteskranken Gewalttätern sowie über polizeiliche
Ermittlungsmethode und insbesondere über Polizeispitzel
ausgelöst. Da Haarmann und Grans auch noch homosexuell waren,
wurden natürlich Vorurteile gegen Homosexuelle trefflichst
bedient. So wurde die Haltung der Bevölkerung gegenüber
Homosexuellen und auch die Diskussion über den Paragraphen 175
durch den Fall Haarmann negativ beeinflusst.