Persönlichkeiten von schwulem Interesse
Edward Morgan Forster
Helmut
Edward Morgan Forster wurde am 1. Januar 1879 in London geboren. Eigentlich
sollte er Henry Morgan heißen, wurde dann aber versehentlich Edward
Morgan, wie sein Vater, getauft.
Da der Vater bereits verstirbt, als E.M.Forster erst zwei Jahre alt ist,
wird er nur von weiblichen Verwandten, die einer evangelischen Sekte
angehören, aufgezogen. Dem Ort seiner Kindheit, Rooksnest, schuf er
später mit Howards End ein literarisches Denkmal. Später studierte er am
King's College in Cambridge. Dort erlebt er seine erste homoerotische Erfahrung
in einer jedoch weitgehend platonischen Beziehung mit seinem Mitstudenten
H.O. Meredith, dem er später im Roman Maurice in der Figur des Clive ein
literarisches Denkmal setzt. 1901 wird Forster in die Geheimgesellschaft der
Universität "The Apostels&" aufgenommen, wo er unter anderem
John Maynard Keynes und dem Schriftsteller Lytton Strachey begegnet. Forsters
erotische Vorliebe für Männer aus dem einfachen Volk beeinflusst im
entscheidenden Maße seine politische wie auch literarische
Entwicklung. Nach einem Jahr Aufenthalt in Italien, gemeinsam mit seiner
Mutter, beginnt Forster 1902 Unterricht an einem Arbeiter-College zu geben;
für ihn ist dies ein Beitrag, die Barrieren zwischen den Klassen
aufzuheben. In seinem Roman Maurice, den er im Juli 1914 fertiggestellt hatte,
entwirft er eine idealisierte Beziehung zwischen einem Adligen und einem
einfachen Jagdgehilfen. Auch Forsters Liebhaber entstammen stets einfachen
Verhältnissen und unteren Gesellschaftsschichten. Bis ins Alter von 40
Jahren ist er zu länger andauernden Beziehungen jedoch nicht
fähig. 1915 kommt er durch das Rote Kreuz nach Ägypten, wo er den
griechischen Lyriker Konstantinos Kavafis kennen lernt und ihm bei der
Publizierung seines Werkes behilflich ist. Dort trifft er auch auf den
Straßenbahnschaffner Mohammed ed Ald, der seine erste längere
Beziehung wird. Ed Ald stirbt 1922, Forster kehrt daraufhin nach England
zurück. Mehrfach besucht Forster Indien als Privatsekretär eines
jungen Maharadschas. Seine Erlebnisse verarbeitet er später in dem Roman A
Passage to India. Sein Interesse an dem Land wird durch den jungen Inder Syed
Ross geweckt, den er 1906 in England kennen lernt.
Mit seinen von 1905 bis 1910 erschienen Romanen Where Angels fear to tread,
The Longest journey,A room with a view und Howards End macht sich Forster als
Romancier einen Namen und sichert seinen Platz in der englischen
Literatur. Bereits mit seinem Debüt erlangt Forster die Anerkennung der
Bloomsbury Gruppe, deren Mitglied er wird. Nach seiner Rückkehr aus Indien
betätigt er sich nur noch als Essayist, Rezensent und Professor am Trinity
College. Seine Vorträge dort werden unter dem Titel Aspects of the Novel
veröffentlicht. Er setzt sich auch gegen das Verbot des lesbischen Romans
The Well of Loneliness von Radclyffe Hall ein. Sein Roman Maurice, der einem
homosexuellen Selbstbekenntnis gleichkommt, gibt er auf Anraten seiner Freunde,
aber auch aus eigener Angst vor möglichen juristischen wie
gesellschaftlich negativen Folgen, erst für die Veröffentlichung nach
seinem Tode frei. Zu seinen Lebzeiten ist der Roman lediglich einigen Freunden
bekannt. Die Novelle handelt von Maurice Hall, einem jungen Gentleman, dessen
Leben vorgezeichnet zu sein scheint. Nach einer Ausbildung in Cambridge wartet
eine gute Position in seines Vaters Unternehmen auf Maurice. Soweit kein
sonderlich spannender Stoff für eine Novelle, aber Maurice Lebensplanung
wird durch seine Erkenntnis, homosexuell zu sein, über den Haufen
geworfen.
Forster selbst hatte auch mit der Erkenntnis, Homosexuell zu sein, zu
kämpfen. Sein Biograph P.N. Furbank gibt an, Forster hätte im Alter
von 21 Jahren erkannt, dass er Homosexuell ist. Obwohl damals
Homosexualität in einigen Gesellschaftskreisen einigermaßen
akzeptiert war, konnte oder wollte Forster nicht offen zu seiner
Homosexualität stehen. Maurice war in dieser Hinsicht auch ein
Befreiungsschlag für Forster, auch wenn er die Veröffentlichung dann
doch scheute. Ab 1930 hatte Forster eine Beziehung zu einem Londoner
Polizisten, die auch weiterging, nachdem dieser geheiratet hat, und mehrere
Jahrzehnte andauerte.
D.H. Lawrence verwendet Forster als Modell für seinen Roman Lady
Chatterley's Lover. 1960 überarbeitet Forster noch einmal Maurice. Nachdem
Forster 1970 starb, wird das Buch 1971 aus dem Nachlass publiziert. Forsters
Bedenken, die Zeit könnte für so einen Roman noch nicht reif sein,
scheinen sich zu bestätigen. Das Buch verursacht in Großbritannien
großes Aufsehen, und einige renommierte Kritiker sehen sich
bemüßigt, Forster die literarische Größe abzusprechen. Sein
Romanwerk erhält durch die Verfilmungen durch James Ivory und Ismail
Merchant, so etwa Room with a view 1985, Maurice 1987 mit dem Karrierestart
für Hugh Grant oder auch Howards End von 1992, eine neuerliche
Aufmerksamkeit.