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Persönlichkeiten von schwulem Interesse

David Leavitt

Helmut

David Leavitt ist im kalifornischen Palo Alto aufgewachsen. Am anderen Ende des Kontinents, an der Yale University in New Haven, studierte er. Er arbeitet zunächst 1983-84 als Lektor im Verlag Viking Penguin, New York. Gleich mit seinen beiden ersten Erzählungen, Territory und Out here, veröffentlicht im New Yorker, macht er auf sich aufmerksam. Sie bilden zusammen mit sieben anderen den 1984 erschienenen Band Family Dancing, auf deutsch Familientanz. Dafür wurde er für den PEN/Faulkner Award und den National Book Critics' Circle Award nominiert.

Sein wohl bekanntester Roman dürfte The lost language of Cranes von 1986 sein. Die verlorene Sprache der Kräne, wie das Buch auf deutsch heißt, haben wir auch schon bei Rosarauschen vorgestellt. Es ist aber wohl nicht deswegen sein bekanntestes Werk, sondern weil es 1992 durch Nigel Finch verfilmt wurde. Auch seine beiden nachfolgenden Erzählungen, der Erzählband A Place I've never been von 1990, mit dem auf deutsch viel interessanter klingenden Titel Alt genug, um fremd zu gehen, und der Roman Equal Affections  von 1989 verbinden schwule Themen mit jenen der US-amerikanischen Mittelklasse.

Ein Erfolgsrezept kann man das aber nicht gerade nennen. Die Kritiken sind nach der überschwänglichen Begeisterung zu Anfang verhalten und enttäuscht. Ein Drehbuch für John Schlesinger, das AIDS Drama The Midday Sun, wird nicht verwirklicht. Leavitt verlässt die USA und lebt als Stipendiat der Simon Guggenheim Foundation einige Zeit in Barcelona, danach in Italien. In einem Interview mit der Zeitschrift Advocat sagt Leavitt dazu: "Wir gingen 1993 nach Italien, und blieben dort einfach. Wir sind zu dem Punkt gekommen wo es schwierig ist nach Hause zu kommen, weil man so europäisiert ist. [..] Wir lieben es dort, aber wir vermissen auch Amerika. [..] Nun, ich liebe Amerika, aber es erstaunt mich um wie viel dreckiger es ist als Europa. In Italien übernachtet man vielleicht in einem trostlosen und deprimierenden Hotelzimmer, das von einer 5000 Watt Birne, die an einer Schnur von der Decke hängt, beleuchtet wird. Aber es ist sauber. Als ich das erste mal zurück kam war ich verblüfft, wie dreckig hier alles ist."

Das wir bezieht sich übrigens auf seinen Lebensgefährten, Mark Mitchell. Der ist von Beruf auch Autor und Leavitt und Mitchel arbeiten auch zusammen. So geben Sie zusammen1994 The Penguin Book of Gay Stories heraus. Ebenfalls gemeinsam entsteht der Essayband Italien Pleasures (1996) mit Aufsätzen über das Land, Leben, Leute und Literatur ihrer Wahlheimat Italien.

Aber auch alleine veröffentlicht er weiter. 1993 erscheint der Roman While England Sleeps, mit dem er zum ersten Male einen historischen Hintergrund wählt, den spanischen Bürgerkrieg und das Arbeitermilieu im England der 20er Jahre. Stephen Spender klagt wegen Plagiats. Nachweislich hat Leavitt Spenders autobiographische Aufzeichnungen World Within World für seinen Roman herangezogen, ohne im Roman darauf hinzuweisen oder um Erlaubnis gefragt zu haben. Der Verlag muss die Auslieferung des Romans stoppen, und Leavitt veröffentlicht eine überarbeitete Ausgabe. 1997 erscheint der Erzählband Arkansas, der dort enthaltene Text The Term Paper Artist, ein satirisches Selbstporträt des Autors und Abrechnung mit der New Yorker Verlags- und Medienbrache, war als Vorabdruck für den Esquire vorgesehen und wird – angeblich aus Rücksicht auf die Anzeigenkunden – kurzfristig vor Drucklegung wieder aus dem Magazin genommen.

Sein erstes Buch Family Dancing stellte bereits einen wichtigen Meilenstein in der schwullesbischen Literatur da. Mit der Würdigung, die das Buch auch in Mainstream Medien erfuhr, machte  er einem weiten Publikum klar, dass schwule Literatur keineswegs nur eine Aneinanderreihung sexueller Motive sein muss. Ethan Mordden in seiner Anthologie schwuler Literatur über Leavitt: "Er stellt schwules Leben als eine Herde verwundeter Vögel da, die sich aneinander festhalten, und er verspricht, dass er seine Lesern nicht mit der beunruhigenden Klarheit eine Sex-Szene belästigen wird"

Tatsächlich sind Leavitts Figuren vorwiegend ganz normal kaputt und banal, wie in jeder Heterosexuellen Variante vergleichbarer Geschichten. Leavitt dazu: "Ich habe beim schreiben eher eine Leserschaft im Sinn, die sich da nicht auskennen". Also vermeidet oder erklärt er sorgfältig die schwulen Insider Referenzen. Aber auch diese Sorgfalt reichte nicht aus, um ihm die Publikumsgunst zu erhalten. Bereits mir Der verlorenen Sprache der Kräne erregte er die Kritik. Und zwar, weil sich Vater und Sohn in der Geschichte gleichermaßen als Homosexuell erwiesen. In der New York Times wurde die Novelle zerrissen. Der Plot sei unglaubwürdig, und es sei unverständlich wie menschlich die Figuren gezeichnet sind, da doch so viele davon schwul sind.

Leavitt ist mittlerweile wieder halb nach Amerika zurückgekehrt und lehrt als Professor an der Universität von Florida

 


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Letzte Änderung 16.1.2004