Persönlichkeiten von schwulem Interesse
Christina Schenk
Helmut
Heute gibt es als Person des Monats einmal eine Frau. Grund dafür sind
die bevorstehenden Bundestagswahlen, die ich als Anlass nehmen möchte, die
offen homosexuellen Bundestagsabgeordneten vorzustellen. Den bekanntesten,
Volker Beck, hatten wir ja schon. Daher folgt nun die bekannteste, die
Vorzeigelesbe aus der PDS-Fraktion, Christina Schenk.
Christina Schenk wurde am 8.7.1952 im thüringischen Ilmenau
geboren. Nach einem 1976 abgeschlossenen Physikstudium an der
Humboldt-Universität Berlin arbeitet Christina Schenk bis 1989 als
wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Akademie der Wissenschaften der
DDR. 1989 nimmt sie ein postgraduales Studium der Soziologie auf, das mit einer
Aspirantur an der Humboldt Universität zur Situation lesbischer Frauen in
der DDR einhergeht. 1990 wird das jedoch im Zuge der Vereinigung beider
deutscher Staaten abgewickelt. 1994 beginnt Schenk ein Fernstudium der
Politologie und der Sozialen Verhaltenswissenschaften in Hagen. Von 1973 bis
1981 ist sie Mitglied der SED. Nach ihrem Austritt bleibt sie parteilos. Ab
1984 ist sie in der Oppositionsbewegung der DDR unter dem Dach der
evangelischen Kirche in der Lesbengruppe Berlin aktiv. 1989 gehört sie zu
den Mitbegründerinnen des Unabhängigen Frauenverbandes, kurz UFV. Als
deren Vertreterin sitzt sie mit am Zentralen Runden Tisch und ist Leiterin der
Arbeitgruppe "Gleichstellung von Mann und Frau". Bei der
Bundestagswahl 1990 ist Schenk Spitzendkandidatin des UFV/Liste der
Bürgerinnenbewegungen. Damit zieht sie in den Bundestag ein. Und zwar als
Mitglied der Gruppe Bündnis90/Die Grünen. Damals haben die Grünen die 5%
Hürde ja nicht gepackt und sind nur wegen einer Sonderregelung für die
neuen Länder mit einigen wenigen Abgeordneten in den Bundestag
eingezogen. 1994 kandidiert sie auf der Offenen Liste der PDS zur
Bundestagswahl, genau genommen auf der Landesliste Sachsen. Wieder gelangt sie
in den Bundestag, wieder mit einer Partei, die weniger als 5% hat, nur dieses
mal heißt die Partei PDS. Sie ist frauenpolitische Sprecherin der
Bundestagsgruppe der PDS und Leiterin des Arbeitskreises Feministische
Politik. Sie war die einzige Abgeordnete des Deutschen Bundestags, die
offiziell beim Stichwort Familienstand als in "lesbischer
Lebensgemeinschaft lebend" geführt wird. Mittlerweile gibt es schon
drei, die offiziell in einer gleichgeschlechtlichen Gemeinschaft leben. Ein
Kanzlerkandidat ist da übrigens nicht dabei.
1998 wird sie erneut erwählt und ist seitdem Familienpolitische
Sprecherin sowie Lesben- und schwulenpolitische Sprecherin der
PDS-Fraktion. Außerdem ist sie noch Mitglied im Ausschuss für
Familie, Senioren, Frauen und Jugend und kümmert sich um Fragen der
Prostitution. Insgesamt stellt sich das Interessengebiet von Christina Schenk
relativ fokussiert da. Es geht da vor allem um die Gleichberechtigung von Mann
und Frau oder etwas breiter angelegt um die Gleichberechtigung von
Lebensformen. Mit den Worten von Christina Schenk hört sich das wie folgt
an: "Dabei ist die Gleichstellung von Frau und Mann für mich eine der
Schlüsselfragen. Sie entscheidet sich sowohl in der Arbeitswelt als auch in der
Familie. Frauen und Männer brauchen das Recht auf ökonomische
Eigenständigkeit wie auf eine freie Wahl ihrer Lebensform. Dies
unabhängig davon, ob sie allein, zu zweit, lesbisch oder schwul, mit
Kindern oder ohne leben."
Unter den im Bundestag gehaltenen Reden finden sich denn auch Themen wie
eine Änderung des Mutterschutzrechts, das Gesetz zur Rehabilitierung von
NS-Opfern, die rechtliche Stellung von Prostituierten oder das
Transsexuellengesetz. Bekannt wurde Schenk nicht zuletzt durch ihre Ablehnung
des Lebenspartnerschaftsgesetz. Dabei kam es ja zu publikumswirksamen
Streitgesprächen zwischen der Vorzeigelesbe Schenk und dem
Vorzeigeschwulen Beck. Die Begründung für die Ablehnung gab Schenk bei der
damaligen Bundestagsdebatte. "Die Grünen haben der lesbisch-schwulen
Klientel ein Rechtsinstitut versprochen [...] das Lesben und Schwulen die
gleichen Rechte und Pflichten wie Eheleuten bringt und die Diskriminierung
beseitigt. Einem solchen Rechtsinstitut hätten wir unsere Zustimmung aus
Gerechtigkeitsgründen nicht versagen können. [...] Herausgekommen ist
jedoch ein Gesetz, das Homosexuelle zu Paaren zweiter Klasse
stempelt."
Bei der nächsten Bundestagswahl tritt Christina Schenk wieder auf der
Landesliste der PDS in Sachsen an. Allerdings werden ihr aufgrund der
Listenplatzes nur geringe Chancen auf einen erneuten Einzug in den Bundestag
gegeben.