Persönlichkeiten von schwulem Interesse
Christopher William Bradshaw-Isherwood
Helmut
Christopher William Bradshaw-Isherwood wurde 1906 in Cheshire in
England geboren. Er entstammt einer alteingesessenen Familie, deren
Ahnen seit dem 16. Jahrhundert in der Gegend gelebt haben. Da sein
Vater Offizier in der britischen Armee war und des öfteren versetzt
wurde, musste Christopher mit seinen Eltern oft umziehen. 1914 kam
Christopher in das Internat St. Edmunds, wo er seinen
Weggefährten, Co-Autor und späteren Sexpartner W.H. Auden kennen
lernte. Später studierte er an verschiedenen Colleges, unter
anderem am Kings College in Cambridge, wo er Medizin studierte. Er
verließ das College aber ohne Abschluss, oder besser gesagt, er
wurde der Schule verwiesen. Seinen Lebensunterhalt verdiente er
zunächst als Privatsekretär von André Mangeot, einem
Violisten, und als Privattutor. 1928 erschien seine erste Novelle
unter dem Title "All the conspirators", in der er die Not der
englischen Mittelklasse in den Zwanzigern beschrieb.
Zwischen 1929 und 1933 hielt sich Isherwood längere Zeit in
Deutschland auf. Ursprünglich reiste er nach Berlin, um dort
Auden zu besuchen. Begeistert von der damals recht lebendigen
schwulen Szene Berlins blieb er in Berlin. 1932 traf er dort Heinz,
der sein Liebhaber wurde. Nach der Machtergreifung Hitlers 1933
reisten Heinz und Christopher zunächst mehrere Jahre lang durch
Europa. Schließlich wurde Heinz aber zum Wehrdienst
einberufen. Isherwood, der seit dem sein Vater 1915 im Krieg fiel
antimilitaristisch eingestellt war, versuchte, Heinz den Wehrdienst zu
ersparen. Einem Mittelsmann, der für Heinz die mexikanische
Staatsangehörigkeit beschaffen sollte, zahlte er 1000 Pfund. Der
Mittelsmann verschwand aber einfach mit dem Geld. So wurde Heinz
schließlich verhaftet, wegen homosexueller Handlungen verurteilt
und musste letztendlich doch zur Armee.
Aus seinen Erlebnissen im Berlin der Prä-Nazi Zeit entstand, in
Zusammenarbeit mit seinem Schulfreund Auden, das wohl bekannteste Werk
Isherwoods, die "Berlin Stories". Genau genommen besteht das
Buch aus zwei lose verbundenen Geschichten, "Mr Norris changes
trains" und "Good bye to Berlin". Später wurde
daraus dann unter anderem das populäre Musical "Cabaret".
Isherwood erkannte die Kriegsgefahr und verließ Europa für
eine China-Reise. Auch die in China gesammelten Eindrücke
verarbeitete er in einem Buch, "Journey to a war". Zurück aus
China wanderte er angesichts des nahenden 2. Weltkriegs 1939 zusammen
mit Auden in die USA aus. 1946 nahm er dann die amerikanische
Staatsbürgerschaft an. Er arbeitete als Drehbuchautor und als
Lehrer, so etwa als Gastprofessor an der University of California at
Los Angeles und dem Los Angeles State College. Geistige
Erfüllung suchte Isherwood bei seinem Guru Swami Prabhavananda.
1971 veröffentlichte Isherwood das Buch "Kathleen und
Frank" über seine Eltern. Darin bestätigt Isherwood so
nebenbei, dass er schwul ist. Wer die Berlin Stories kennt, weis, dass
darin bereits reichlich homosexuelle Elemente aufgegriffen
werden. Homosexualität nimmt in Isherwoods Werk eine prominente
Stellung ein. So erzählt er in "A single man",
erschienen 1964, einen Tag im Leben eines einsamen Schwulen. Oder in
"The world in the evening" die Geschichte eines
Schriftstellers, der mit seiner Homosexualität und seinen
gescheiterten Ehen klarzukommen versucht. Offen steht er zu seiner
eigenen Homosexualität aber erst mit "Kathleen und Frank". In
der Folge machte Isherwood aus seiner Homosexualität kein
Geheimnis mehr. In Promotion-Shows für sein Buch diskutierte er
im Fernsehen offen über die zentrale Rolle seiner
Homosexualität in seinem Leben und Werk. Er wurde
anschließend verstärkt aktiv in der amerikanischen
Schwulenbewegung, für die er sich beispielsweise bei fundraisern
einsetzte.
Wie der Biograph Claude J. Sommers sagt, war Isherwood gegen Ende
seines Lebens "eine tief verehrte Ikone der zeitgenössischen
Angloamerikanischen schwulen Subkultur, ein Mutmacher, der vehement
gegen die Diktatur der Heterosexualität protestierte und ohne
Scham Solidarität mit seines gleichen demonstrierte".
1953 begann eine Beziehung mit dem damals 18 jährigen Don
Bachardy, die bis zu Isherwoods Tod 1986, also ganze 33 Jahre lang,
anhielt. Bachardy hatte übrigens als Maler einigen Erfolg.